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Berg im Bild  # 23

Ludwig Girardi (Innsbruck 1891 - ?)

Ludwig Girardi wurde am 9. September 1891 in Innsbruck geboren, übersiedelte jedoch aufgrund seines zeichnerischen Talentes bereits sehr früh nach Wien. Später wurde er Mitglied des Österreichischen Künstlerbundes und des Albrecht-Dürer-Bundes; dort stellte er auch zwischen 1920 und 1925 regelmäßig aus. In seiner Motivwahl konnte der Künstler seine Tiroler Herkunft nicht verleugnen. So bevorzugte er in seinen Bergbildern oft Darstellungen aus den Dolomiten und dem Trentino, wozu auch die hier vorgestellten Ansichten zählen. Insgesamt sind jedoch nur sehr wenige Bilder von ihm bekannt. Noch 1934 war er im 8. Bezirk in der Kupkagasse 2 wohnhaft. Am 28. Oktober 1937 wurde er nach Prag abgemeldet; dann verlieren sich seine Spuren. Die beiden hier vorgestellten Bilder könnten wohl als typisch für die Malweise von Ludwig Girardi angesehen werden.  


„Blick auf Torbole und den Gardasee“
sign. und dat. 1924, Öl auf Leinwand, 82 x 66,5 cm

Zunächst das Motiv „Torbole und der Gardasee“. Es zeigt einen Blick auf den kleinen Hafen von Torbole, der noch verschlafen zum größeren Teil im Schatten liegt. Darüber leuchtet eine verschachtelte Häusergruppe mit ihren bunten Fassaden. Besonders sticht ein kleines gelbes
Häuschen ins Auge – die alte Zollstation aus Monarchiezeiten, die noch heute bestens
erhalten ist. Zur Linken ist das Wasser des Gardasees in verschiedenen Schattierungen
zu erkennen – noch ohne Badegäste oder Surfer. Im oberen Drittel ragt hoch über Riva
die steile Flanke der Rocchetta auf, 1575 m, die mittlerweile ein beliebtes Ziel für Klettersteigfreunde geworden ist.


„Der Latemar im Frühling“
monogr. und dat. 1925, Öl auf Leinwand, 75,5 x 46 cm

Im zweiten, ein Jahr später entstandenen Bild (1925) dominiert nicht mehr der Gegensatz
von Wasser und Fels, sondern die Spannung zwischen Wald und Gebirge. Auf einem steil
abfallenden Hang wachsen schlanke Föhren in die Höhe, so hoch, dass sogar das Format
des Bildes davon bestimmt wird. Die kahlen Stämme im Vordergrund lassen den Durchblick
auf ein Mittelgebirge offen, wo einige schmale Rinnen noch mit Schnee gefüllt sind. Und in der Ferne ist der Zackenkamm der Latemar-Gruppe in blassblauen Farbtönen auszumachen. Hier liegt in der Höhe noch reichlich Schnee, was auf den Spätfrühling in den Dolomiten schließen lässt. Den Reiz des Bildes macht wohl der Gegensatz zwischen den dunklen Bäumen im Vordergrund, die gleichsam einen Rahmen bilden, und dem immer blasser werdenden Hintergrund aus. Der Maler hat diese Stimmung überaus gekonnt eingefangen.

Hans Wohlschlager